Overthinking: die unendliche Geschichte der Gedanken

Was wäre, wenn: Wer sich und seine Entscheidungen in Gedanken ständig hinterfragt, zeigt Merkmale von Overthinking. Wenn die Gedanken in eine Negativspirale und nicht zu einer Lösung führen, ist es an der Zeit, das eigene Muster zu hinterfragen.

Und, hast du dich auch schon selbst ertappt, wie du über Situationen nachgedacht hast, die du nicht mehr ändern kannst, es aber in Gedanken versuchst? «Wenn ich doch nur damals diese Entscheidung getroffen hätte, dann wäre heute alles anders.» Oder dass du dir über Situationen Gedanken machst, in denen du dich selbst hinterfragst? Was wäre wenn …? Hätte ich doch nur … Hätte, hätte, Fahrradkette.

So oder anders können sich diese Gedanken anhören und ihnen ist gemein, dass es sich um «Overthinking» handelt. Ein Phänomen, das auch unter Grübeln oder repetitivem Denken bekannt ist. Sich Gedanken zu machen ist ein natürlicher Vorgang, der ganz automatisch abläuft. Beim Overthinking hingegen lässt sich der Gedankengang kaum mehr stoppen und anstatt hilfreich zu sein, nimmt er immer extremere Formen an und wird irgendwann krankhaft ungesund.

Wenn die Gedanken einen sabotieren

Dabei wird in Gesten, Mimik, Aussagen und Handlungen hineininterpretiert und die Gedanken über Personen, Situationen, Vergangenheit und Zukunft nehmen exponentiell zu. Wer sich in diesen oft negativen Gedankenkonstrukten verfängt, die sich um Situationen im Konjunktiv drehen, blockiert sich. Denn es fällt einem zunehmend schwerer, im Hier und Jetzt zu sein. Man schämt sich für dies, fühlt sich schuldig für das und der Teufelskreis lässt sich kaum durchbrechen.

Irgendwann fällt auch dem eigenen Umfeld dieses Verhalten negativ auf, da immer wieder über das gleiche gesprochen wird. Wie erkenne ich aber selbst, dass ich zu Overthinking neige? Wenn Formulierungen im Konjunktiv sind wie, «was wäre, wenn» oder wenn das «warum» sich auf vergangene Situationen bezieht, für die es keine Antwort geben wird. Die anhaltenden Gedanken können müde machen, den Schlafrhythmus stören und die Freude am Alltag trüben.

Ursachen für Overthinking

  • Niedriger Selbstwert
  • Negative Erfahrungen in der Vergangenheit
  • Zukunftsängste
  • Perfektionismus
  • Harmoniebedürfnis
  • Hochsensibilität
  • Ängste
  • Psychische Erkrankungen

Overthinking dient als Schutzmechanismus, denn wenn alle Eventualitäten überdacht sind, kann eine mögliche Angst eingedämmt und vermieden werden. Lorena Glisenti, Psychologin bei santé24, erklärt das Phänomen so: «Overthinking ist oft der Versuch des Kopfes, ein Problem zu lösen, das eigentlich im Körper stattfindet.

Es ist meist ein Zeichen dafür, dass unser autonomes Nervensystem in Alarmbereitschaft ist. Der Verstand versucht verzweifelt, Sicherheit durch Kontrolle zu schaffen. Doch echte Beruhigung entsteht nicht durch mehr Denken, sondern durch somatische Regulation, indem wir dem Körper signalisieren, dass wir im Hier und Jetzt sicher sind.»

Wer aber nicht damit aufhört, riskiert den Bezug zur Realität zu verlieren, negative Emotionen zu verstärken, die Kontrolle zu verlieren, was sich in Stress, sozialem Rückzug und einem erhöhten Risiko an Depressionen oder Angststörungen zu erkranken, äussern kann. Es ist deshalb wichtig zu erkennen, dass das Leben ein Prozess ist. Ein Anfang könnte der innere Dialog mit sich selbst sein. Anstatt sich zu kritisieren, gilt es, einfach mal mitfühlender mit sich selbst und seinem Leben zu sein.

Lernen, mit Overthinking umzugehen

  • Selbstmitgefühl statt Selbstkritik: Von «Ich bin so dumm, dass ich diesen Fehler gemacht habe. Ich schaffe nie etwas richtig» zu «Das war ein Fehler, und es tut weh. Aber alle Menschen machen Fehler – das gehört zum Menschsein dazu. Ich kann daraus lernen und es beim nächsten Mal anders machen».
  • Achtsamkeit: Es hilft, Gefühle körperlich wahrzunehmen, statt kognitiv zu analysieren. Sich beispielsweise zu fragen «Was und wo spüre ich im Körper, ist meine Brust z. B. eng/schwer?» und «Es ist ok, auch wenn es sich unangenehm anfühlt, das Gefühl geht wieder vorbei».
  • Akzeptanz: Manchmal ist etwas einfach so, wie es ist. Nicht jedes unangenehme Gefühl muss «gelöst» werden.
  • In die Handlung gehen: Eine konstruktive Wiedergutmachung bei Schuld hilft mehr, als endlos zu grübeln. Denn Overthinking ist in seiner Form ein Mangel an Handlung, weshalb es wichtig ist sich darauf zu fokussieren was jetzt getan werden kann, statt nur gedacht zu werden.

 
Weitere Artikel zum Thema Schuld und Scham finden sich in unserer aktuellen Ausgabe des Kundenmagazins.

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