Warum sich eine Auszeit vom Alltag lohnt
Weshalb mentale Regeneration wichtig ist
Laut dem Job-Stress-Index 2022 der Gesundheitsförderung Schweiz fühlt sich knapp ein Drittel der Erwerbstätigen emotional erschöpft. Viele Menschen brauchen eine Auszeit, wenn Sie keine Zeit dafür haben. Nach einer Stressphase, in der der Körper vermehrt Dopamin, Cortisol und Adrenalin bildet, sollte unbedingt eine Entspannungsphase folgen. Wenn auch nur kurz, ist eine tägliche Pause für unsere physische und mentale Gesundheit sehr wichtig. In einer Studie haben Psychologinnen und Psychologen der Universität Konstanz beobachtet, dass bei den Teilnehmenden bereits nach zehn Minuten Massage ein Entspannungseffekt auf mentaler sowie auf körperlicher Ebene eintritt. Mit kurzen Entspannungstechniken kann der Stress auf psychologischer und physiologischer Ebene effektiv reduziert werden. Der Körper baut Stresshormone ab, die Muskulatur kann sich wieder entspannen und der Blutdruck sinkt. Ein Ungleichgewicht kann über längere Zeit ungesund sein und zu negativen Folgen wie zu einem Burnout führen. Zudem sind wir weniger leistungsfähig und auch gesundheitlich schneller angeschlagen. Regelmässige Auszeiten sind für die mentale Regeneration sowie für den Körper von grosser Bedeutung.1. Aufräumen für einen freien Kopf
«Aufräumen entspannt mich und danach fühle ich mich sogar selbst etwas aufgeräumter», Dana, 42 Jahre alt.
Was für die einen nach Arbeit klingt, ist für Dana Entspannung: Aufräumen. Viele Studien bestätigen den Zusammenhang zwischen dem Zustand der Wohnung und der Seele. So hat eine unordentliche und zu voll eingerichtete Behausung einen schlechten Einfluss auf den Gemütszustand. Dana erklärt es sich damit, dass die meisten Gegenstände in unserem Zuhause frei von uns gewählt sind und deshalb (un)bewusst einen Teil unseres Selbsts ausdrücken. Ist das Daheim chaotisch oder zu vollgestellt, kann sich das in unserem Fühlen und Handeln zeigen. Freies Denken fällt schwerer, denn die Wohnung bietet keinen Platz dafür. Das hat Dana selbst schon oft bemerkt. An Entspannung ist nicht mehr zu denken. Deshalb hinterfragt Dana in regelmässigen Abständen sein gesamtes Hab und Gut und entsorgt unnötige Gegenstände. Sie wirft unnötigen Ballast weg und schafft so Patz für Neues. Ordnung schaffen macht also sowohl die Wohnung wie auch den Kopf frei und entspannt.
Danas Tipp: Fixe Termine fürs Aussortieren eintragen und nur behalten, was wirklich zu einem passt. Gegenstände, die in den letzten sechs Monaten nicht genutzt wurden, können ruhig abgegeben werden.
2. Zählen für einen ruhigen Geist
«Wenn ich zähle, kann ich mich schnellstens entschleunigen – das ist wie eine Meditation für mich», Sandra, 33 Jahre alt.
Ob die Mosaiksteine im Bad vom Restaurant, die Streifen vom Pullover oder die Strassenlaternen auf dem Arbeitsweg: Zählen ist für Sandra pure Entschleunigung. Während des Zählens konzentrieren wir unseren Geist auf eine Tätigkeit und blenden alles andere um uns herum aus. Ist man also gestresst und braucht eine schnelle Beruhigung, kann etwa das Zählen der Dielen im Wohnzimmer oder der Blüten der Blumen in der Vase helfen.
Sandras Tipp: «Bevor ich nach der Arbeit nach Hause komme, bleibe ich jeweils einen Moment vor der Tür stehen und konzentriere mich auf meine Atmung. Ich atme durch die Nase ein und zähle dabei bis fünf. Dann atme ich durch den Mund aus und zähle bis fünf. So fühle ich mich schon innert weniger Sekunden entspannt und fühle mich im Kopf ein wenig freier.».
3. Arbeiten mit den Händen zum Abschalten
Das Arbeiten mit den Händen stärkt die Resilienz und senkt den Cortisolspiegel. Diverse Studien belegen die positive Wirkung von kreativen Hobbies wie Basteln, Töpfern, Malen oder Stricken auf die mentale Gesundheit des Menschen. Anna hat den positiven Nebeneffekt des Töpferns bereits vor einigen Jahren für sich entdeckt: «Wenn ich am Töpfern bin, vergesse ich alles um mich herum. Ich tauche in eine völlig andere Welt ein und bin sehr entspannt». Während man konzentriert mit den Händen arbeitet und sich nur auf das Erschaffen des Werks fokussiert, haben andere Gedanken gar keinen Platz mehr. Menschen mit einem kreativen Hobby sind laut einer neuseeländischen Studie positiver eingestellt und blühen auf.
Annas Tipp: Nehmen Sie sich vor, diesen Herbst und Winter einmal zur Stricknadel oder zum Pinsel statt zur TV-Fernbedienung zu greifen.
4. Mehr Wohlbefinden mit autogenem Training
«Ob am Arbeitsplatz, unterwegs oder Zuhause – einfachen autogene Trainingsübungen bringen Ruhe und fördern meine Konzentration», Lukas, 37 Jahre alt.
Für Lukas ist autogenes Training die effektivste Methode, um sich schnell in die Tiefenentspannung zu bringen und den hektischen Alltag loszulassen. Mit Hilfe von Gedanken und Vorstellungen beeinflussen wir die Funktionen unseres Nervensystems und damit auch Muskeln, Herz, Blutgefässe, Atmung, Sinne. Für ein erfolgreiches, autogenes Training ist konstantes Üben notwendig. Es ist ratsam zunächst einen Gruppenkurs zu besuchen und später selbständig autogenes Training zu machen. Übt man regelmässig, schafft man es bereits nach einigen Minuten, den ganzen Körper zu entspannen und den Alltag loszulassen.
Lukas Tipp: Schon mit einfachen Übungen können Sie entspannen. Nehmen Sie eine für Sie angenehme Position im Liegen oder Sitzen ein. Wiederholen Sie folgenden Satz mindestens sechs Mal für sich selbst in Gedanken mit klaren Worten: «Mein Puls geht angenehm ruhig, kräftig und gleichmässig». Diese kleine Übung schenkt Ihnen schnell Ruhe.
5. Tiefenentspannt mit Knistergeräuschen
Bettina hat ihre grossen Kopfhörer auf und sitzt auf der Couch. Sie hört sich gerade einen Song mit Flüstergeräuschen an: «Wenn ich so etwas höre, bekomme ich eine angenehme Gänsehaut. Es entspannt mich», Bettina, 49 Jahre alt. Solche Geräusche nennen sich ASMR-Geräusche. Das Knistern einer Chipstüte, das Rascheln von Laub, Flüstern oder Atmen – im Internet finden sich viele Videos mit sogenannten ASMR-Geräuschen. Der Begriff stammt aus dem englischsprachigen Raum und bedeutet so viel wie «unabhängige Reaktion des Körpers auf sensorische Reize». Bei diesen kann es sich um akustische oder visuelle Reize handeln. Diese lösen eine Körperreaktion aus, ein sogenannter Tingle. Menschen beschreiben diese Körperreaktion als eine Art Gänsehaut oder ein Kribbeln, das sich von der Kopfhaut über die Wirbelsäule bis zu den Schultern erstreckt. ASMR fördert die Entspannung, hilft beim Einschlafen oder hilft, besser mit Stress umzugehen. Kurz: ASMR entspannt und senkt den Puls. Zu den beliebtesten Geräuschen zählen die von Wasser, Flüstern, Klopfen, Spielgeräusche wie das Bedienen eines Controllers, Schmatzen oder das Geräusch, das entsteht, wenn man die Hände aneinander reibt.
Bettinas Tipp: Kreieren Sie Ihre eigene ASMR-Playlist oder -Videothek. So haben Sie Zuhause oder unterwegs immer schnell einige Geräusche zur Entspannung bereit. Kopfhörer auf, Entspannung an.
Wollen Sie mehr erfahren zum Phänomen ASMR? Hier finden Sie eine Reportage von SRF.
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