Swipen, matchen, Burnout

Die Partnersuche findet heutzutage häufig digital auf Dating-Apps statt. Der perfekte Match nur einen Klick entfernt: Das kann auch Stress bedeuten, wie gerade jüngere Erwachsene in sozialen Medien vermehrt berichten. Offline zu gehen, kann nicht nur Abhilfe schaffen, sondern auch die Partnersuche unterstützen. Psychotherapeutin Ebongo Tshomba ordnet ein.
Autorin:
Carmen Hunkeler

Das Smartphone in der Hand, wischt der Daumen in der Dating-App mal nach links, mal nach rechts. Vielleicht ist die Traumpartnerin oder der Traumpartner ja nur noch einen Swipe entfernt. Wird es ein Match?

Glücksspiel Dating-App

Dating-Apps haben einen ähnlichen Effekt wie Glücksspiele. Durch Gamification sind sie so konzipiert, dass User sie möglichst lange nutzen. «Auch das Betrachten von Profilen, das Swipen und Matchen ist mit der Ausschüttung des Glückshormons Dopamin verbunden und kann regelrecht süchtig machen», erklärt Ebongo Tshomba, Psychotherapeutin und Fachcoach bei santé24. «Bleiben Matches dann aus, sind Chats oder Treffen enttäuschend, kann viel Frust entstehen.» Umso mehr, wenn sich Partnersuchende nach einer echten, tiefen Verbindung sehnen und immer wieder enttäuscht werden.

Dating-Frust statt Dating-Lust

  • Paradox, aber wahr: Auf Dating-Apps kann das Überangebot an potenziellen Partnerinnen und Partnern zum Problem werden. Viele User können sich nicht entscheiden, weil sie das Gefühl haben, es gäbe vielleicht noch bessere Optionen.
  • Das führt dazu, dass Kontakte rascher wieder aufgegeben werden und keine echten Verbindungen entstehen.
  • Auf digitalen Plattformen verringert sich häufig das Gefühl von Verbindlichkeit und damit der gegenseitige Respekt. Beim sogenannten Ghosting etwa bricht ein Match ohne Erklärung den Kontakt ab. Das kann für die betroffene Person sehr verletzend sein.

Erschöpft von der Partnersuche

Das Gefühl, dass sich zwar etwas tut, aber nichts wirklich zielführend ist, kommt vor allem bei jüngeren Erwachsenen vor und ist als Dating-App-Burnout bekannt. «Sie berichten dabei von depressiver Verstimmung, innerer Leere, Erschöpfung und Selbstwertproblemen», weiss Tshomba. Gemäss einer Studie im Journal of Business and Media Psychology sind etwa 14 Prozent aller User davon betroffen. Eine offizielle Diagnose ist Dating-App-Burnout allerdings nicht.

Pause vom Dating-Hamsterrad

Tshomba empfiehlt Betroffenen, eine Dating-App-Pause einzulegen und professionelle Hilfe zu beanspruchen, sollten die Symptome länger als zwei Wochen andauern. Eine Pause empfiehlt sie auch jenen, die mit vielen Menschen parallel schreiben und mehrere Dates pro Woche haben: «Dann kann es sinnvoll sein, sich erst einmal wieder mit der Beziehung zu sich selbst auseinanderzusetzen.»

Erfahrungen im echten Leben sammeln

Die Psychotherapeutin rät nicht grundsätzlich von Dating-Apps ab, sondern dazu, diese mit Mass zu nutzen. «Gerade für jüngere Menschen ist es wichtig, auch Erfahrungen im echten Leben zu sammeln», so die Psychotherapeutin. «Wichtig ist die Bereitschaft, sich einzulassen und das Gegenüber als Menschen wahrzunehmen und nicht als Produkt, dass die eigenen Bedürfnisse erfüllen soll.»

Liebe offline finden

Partnerschaften können nach wie vor auch offline entstehen. Hier nur einige von vielen Möglichkeiten, wie man abseits von Dating-Apps neue Bekanntschaften schliessen und dabei die Liebe finden kann:

  • Kontakte über Arbeitsstelle, Freunde und Familie
  • Offline Single-Events wie etwa Speed-Dating, MeetbyChance oder Barhopping
  • Kontakte über neue Hobbies
  • Gruppen wie MeetUp oder Spontacts
  • Weiterbildungen, Kurse und Veranstaltungen

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