Quarter Life Crisis: Wenn das Gras überall sonst grüner scheint

Ist das wirklich schon alles oder hätte es mehr sein können? Nicht nur in der Lebensmitte stellen sich viele Menschen die essenziellen Fragen über den Sinn des eigenen Lebens. Auch von Anfang 20 bis zu den frühen 30ern kann es zur Sinnkrise kommen – der Quarter Life Crisis. Was bedeutet es, wenn alle scheinbar wissen, wohin sie gehen, nur man selbst nicht?
Autorin:
Valentina Diaco

Wer in den 20ern ist, kennt diese Situation: Man schaut sich im Umfeld um, und die Lebenswege könnten kaum unterschiedlicher sein. Während einige noch im Studium stecken, sind andere mit der Familienplanung beschäftigt – wieder andere hoffen, eines Tages ihren Traumjob zu finden, da sie aktuell unzufrieden sind. Willkommen in der Quarter Life Crisis.

Eine Phase der Orientierungslosigkeit

Die Quarter Life Crisis, auch Viertellebenskrise, tritt meist im Alter von 20 bis Anfang 30 Jahre auf und zeigt sich bei jeder Person anders. Sie ist im Kern eine Sinn- und Orientierungskrise, in der bisherige Entscheidungen, Werte und Ziele hinterfragt werden.

Die Mittzwanziger stellen für viele eine einschneidende Lebensphase dar, geprägt von wichtigen Veränderungen, wie dem Abschluss von Ausbildung oder Studium sowie dem Eintritt ins «echte» Erwachsenenleben. In dieser Zeit ordnen viele ihre Prioritäten neu und stellen die Weichen für die nächsten Schritte.

Die berüchtigte Suche nach dem Sinn

Bei einer Quarter Life Crisis fühlt sich das bisherige Leben oft nicht mehr passend an. Man begibt sich auf die Sinnsuche, weil Unzufriedenheit und Selbstzweifel zunehmen. Nicht nur der Blick in die Zukunft bereitet Sorgen, auch frühere Entscheidungen werden hinterfragt. Der ständige Vergleich mit anderen reicht über das eigene Umfeld hinaus und kann den Eindruck erwecken, dass das Gras auf allen anderen Seiten immer grüner sei.

«Eine Quarter Life Crisis entsteht häufig aus dem Spannungsfeld zwischen den eigenen Lebensvorstellungen und der oft ganz anders erlebten Realität.» Nora Schär, Psychologin bei santé24

Körperliche Signale wie schlechter Schlaf, Konzentrationsschwierigkeiten oder innere Anspannung und Nervosität können das Gedankenkarussell einer Viertellebenskrise begleiten. Gemäss Nora Schär, Psychologin bei santé24, verändern sich durch eine Quarter Life Crisis möglicherweise auch Beziehungen in unmittelbarer Nähe. «Beispielsweise distanzieren sich Betroffene von Freundinnen und Freunden sowie vom Bekanntenkreis», erklärt Schär.

Wenn diese Symptome länger anhalten, immer belastender werden und Gespräche mit Familie oder Freunden nicht helfen, kann es sinnvoll sein, sich frühzeitig psychologische Unterstützung zu holen.

Ursachen und Auslöser einer Quarter Life Crisis

Schon als Kind malen sich viele aus, wie ihr Leben einmal aussehen soll. Bei vielen nimmt diese innere Planung mit dem Alter nicht ab. Oft entsteht der Wunsch nach einem «perfekten» Lebensweg, um gesellschaftlichen Erwartungen wie beruflicher Erfolg, finanzielle Sicherheit und einer stabilen Partnerschaft gerecht zu werden.

Die eigenen Pläne wirken plötzlich ungewiss, ein Gefühl des Verlorenseins stellt sich ein. Wer zu geringem Selbstwert, hohen Perfektionsansprüchen oder ausgeprägter Selbstreflexion neigt, hat ein erhöhtes Risiko, eine Quarter Life Crisis zu erleben.

Vier Tipps für den Alltag

  • Sprechen Sie mit Freundinnen und Freunden über Ihre Sorgen. Sie werden schnell merken, dass Sie nicht allein sind.
  • Schreiben Sie Ihre Gedanken auf. Dadurch kann das eigene Gedankenkarussell zur Ruhe kommen.
  • Vergleichen Sie sich nicht mit anderen. Gerade auf Social Media zeigen viele nur das, was sie zeigen möchten. Das Leben hat Höhen und Tiefen und man teilt meistens nur Ersteres.
  • Vergessen Sie nicht, was Sie bisher im Leben alles geschafft haben. Auch kleine Erfolge dürfen gefeiert und bewusst in Erinnerung gerufen werden.

Einfluss der sozialen Medien

In den sozialen Medien sieht man fast nur perfekte Lebensabläufe: Haus mit 26, Kind, Partnerschaft und Karriere – und das alles auf einmal. Betroffene einer Quarter Life Crisis messen ihren Weg an den Lebensläufen anderer. Der ständige Vergleich verstärkt das Gefühl, nicht mithalten zu können, nicht zu genügen oder mit dem eigenen Leben zurückzuliegen.

Gleichzeitig zeigen uns soziale Medien eine Fülle von Möglichkeiten, die scheinbar jeder griffbereit hat. Das verstärkt die Unsicherheit weiter. Soll ich auswandern oder ein eigenes Start-up gründen? Laut Schär können die zahlreichen Möglichkeiten überwältigen und Entscheidungen erschweren. Dieses Phänomen wird in der Psychologie «Paradox of Choice» genannt – zu Deutsch Auswahlparadox.

Soziale Medien haben jedoch nicht nur eine belastende Seite. Wer sie bewusst nutzt und passenden Accounts folgt, merkt schnell, dass es vielen ähnlich geht. Das erleichtert den Austausch mit Gleichgesinnten und zeigt, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist.

Psychologische Beratung durch santé24

SWICA-Versicherte erhalten Hilfe durch psychologisches, psychotherapeutisches und psychiatrisches Fachpersonal von santé24. Plagen Sie Sorgen und Ängste oder nehmen Sie andere psychische Symptome wahr? Eine herausfordernde Situation im Alltag oder andere Unsicherheiten?

Unter anderem bietet die Onlinepraxis santé24 eine psychologisch-psychiatrische Sprechstunde durch Fachpersonen im Rahmen der Telemedizin an. Um einen Beratungstermin zu vereinbaren, kontaktieren Sie das Fachpersonal von santé24 unter Telefon +41 44 404 86 86 oder über das Online-Formular.