Einheitliche Finanzierung
EFAS: Parlament gibt grünes Licht, aber es bleiben Fragezeichen

14 Jahre lang haben die eidgenössischen Räte an der Reform für eine einheitliche Finanzierung der medizinischen Leistungen gearbeitet, nun ist sie verabschiedet worden. Ob die versprochenen Einsparungen auch für die Versicherten spürbar werden, ist jedoch ungewiss. Ausserdem muss das gesundheitspolitische Grossprojekt voraussichtlich noch eine Volksabstimmung überstehen.

Der Name ist etwas sperrig – Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS). Aber diese grösste Reform in der Schweizer Gesundheitspolitik seit Jahren bedeutet einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Bis heute gilt: Ambulante medizinische Leistungen werden über die Krankenversicherung bezahlt, während die Kantone bei im Spital erbrachten stationären Leistungen einen wesentlichen Anteil mitfinanzieren. Das schafft Fehlanreize und Verzerrungen. Im Vergleich mit vielen anderen Ländern wird in der Schweiz häufiger stationär – und damit teurer – behandelt. Dank dem medizinischen Fortschritt könnten heute viele Eingriffe ohne Übernachtung im Spital sicher durchgeführt werden. Die Verlagerung in den ambulanten Bereich ist deshalb sinnvoll und wird seit Jahren vorangetrieben. Sie führt aber dazu, dass die Krankenversicherer immer mehr ambulante Eingriffe übernehmen müssen. Als Folge steigen die Prämien.

Ein Finanzierungsschlüssel für alle Leistungen

Was hat das Parlament nun beschlossen? Die EFAS-Reform sieht vor, das künftig für alle medizinischen Leistungen der gleiche Finanzierungsschlüssel gilt, sich die Kantone also auch an den ambulanten Leistungen zu knapp 30 Prozent beteiligen. Den Rest übernehmen die Versicherer. Von der Beseitigung der Fehlanreize erhofft man sich in Bern jährliche Einsparungen im hohen dreistelligen Millionenbereich. Allerdings stimmten die Kantonsregierungen nur unter zwei Bedingungen zu, die aus Sicht der Krankenversicherungen problematisch sind.
Erstens beharrten sie darauf, dass auch die Kosten für die Langzeitpflege miteinbezogen werden – ein Bereich, der bisher grösstenteils kantonal finanziert wurde. Die EFAS-Reform sieht vor, dass dies nach sieben Jahren geschehen soll, sofern die Pflegekosten bis dahin transparent ausgewiesen werden und die Tarife kostendeckend sind. Diese Integration dürfte die Versicherungsprämien nach oben treiben, falls der Finanzierungsschlüssel bis dann nicht angepasst wird. Zweitens wollen die kantonalen Gesundheitsdirektionen alle Rechnungen für stationäre Leistungen prüfen können, bevor diese von den Versicherern beglichen werden. Das führt zu einer doppelten Rechnungskontrolle und tendenziell zu mehr Bürokratie und einer Aufblähung der kantonalen Verwaltungen.

Ein tragfähiger Kompromiss?

Stände- und Nationalrat haben lange unterschiedliche Linien verfolgt, sich in der aktuellen Session aber zusammengerauft. Rechnungskontrolle und Einbezug der Pflege wurden nun beide in EFAS integriert, die Kantone sind also zufrieden. Anders sieht es bei den Gewerkschaften aus. Sie haben bereits ein Referendum in Aussicht gestellt, denn sie befürchten einen zunehmenden Kostendruck für das Pflegepersonal und steigende Versicherungsprämien.
Werden die 50'000 Unterschriften gegen EFAS innerhalb von 100 Tagen gesammelt, kommt es 2024 zu einem gesundheitspolitischen Super-Abstimmungsjahr. Denn neben dieser Reform stimmt die Schweiz im kommenden Sommer auch über Volksinitiativen der Mitte und der SP ab, die die Gesundheitskosten begrenzen bzw. die Prämien mit mehr Steuergeldern verbilligen wollen.

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