Sommersession 2023
Der Blick nach Bern: Gesundheitspolitik im Bundeshaus

Ende Mai ist es wieder soweit: Nach dem Pfingstmontag beginnt im Bundeshaus die Sommersession. Während drei Wochen behandelt das Parlament unter anderem auch gesundheitspolitische Themen. Rona Bolliger, Spezialistin Public Affairs bei SWICA, gibt einen Überblick über die wichtigsten Themen der Gesundheitspolitik in der kommenden Session.

1. Prämien-Entlastungs-Initiative

Maximal zehn Prozent sollen die Krankenkassenprämien vom verfügbaren Einkommen ausmachen – so will es die SP mit ihrer Prämien-Entlastungs-Initiative. Alles über zehn Prozent soll gemäss der Initiative durch Prämienverbilligungen abgedeckt werden. Der Nationalrat will die Kantone mit einem Gegenvorschlag zur Initiative stärker in die Pflicht nehmen: Sie sollen einen minimalen Gesamtbetrag für die Prämienverbilligung aufwenden. In der vergangenen Wintersession ist der Ständerat nicht auf den Gegenvorschlag eingetreten. Der Nationalrat hielt daraufhin im Frühjahr am Gegenvorschlag fest. Nun stimmte die Gesundheitskommission des Ständerats im April dem Gegenvorschlag zu – jedoch mit tieferen Mindestvorgaben für die Kantone. Zudem sollen die Kantone festlegen müssen, wieviel die Grundversicherungsprämien vom verfügbaren Einkommen maximal ausmachen dürfen.

Ob der Gegenvorschlag eine Chance hat, hängt nun vom Ständerat ab. Entscheidet er in der Sommersession gegen den Gegenvorschlag, ist dieser vom Tisch und es käme ohne Alternative zur Abstimmung über die Prämien-Entlastungs-Initiative.

SWICA steht dieser Initiative neutral gegenüber.

2. Kostenbremse-Initiative

Die Kosten im Gesundheitswesen steigen. Die Mitte will diese Entwicklung mit ihrer Kostenbremse-Initiative verlangsamen. Im Parlament fand die Kostenbremse-Initiative keine Mehrheit, aber man ist sich einig: Die Kosten dürfen nicht weiter ungehindert steigen. Deshalb arbeitet das Parlament an einem Gegenvorschlag. Beide Kammern wollen, dass der Bundesrat jeweils für die nächsten vier Jahre Kosten- und Qualitätsziele festlegt. Die Kantone können sich selbst auch Kosten- und Qualitätsziele setzen – der Vorschlag vom Bundesrat dient zur Orientierung. Doch was, wenn die Ziele nicht erreicht werden? Hier sieht der Vorschlag keine Vorgaben vor. Die Gegner warnen vor Planwirtschaft, die Befürworter hoffen auf mehr Transparenz bei den Gesundheitskosten.

In der Sommersession beraten beide Räte die Punkte, in denen sie sich noch nicht einigen konnten. Krankenversicherer sollen nur noch Laboruntersuchungen bezahlen, wenn das Labor mit der Versicherung einen Vertrag abgeschlossen hat. Der Nationalrat ist dafür, der Ständerat bisher dagegen. Bei den Tarifen will der Nationalrat dem Bundesrat im stationären Bereich mehr Kompetenzen geben. Bei den ambulanten Tarifen folgt er dem Ständerat – es soll keine Änderung geben. Beide Räte wollen, dass die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit von medizinischen Leistungen regelmässig überprüft werden. Besteht eine Leistung den Qualitäts-Check nicht, soll sie auch nicht mehr vergütet werden. Uneins ist man sich, wer dies überprüfen soll.

Die Steuerung der Gesundheitskosten ist nur dann sinnvoll, wenn die Versicherten finanziell entlastet werden. Weder die Initiative noch der Gegenvorschlag erfüllen diese Bedingung. Beide Vorlagen führen dazu, dass weniger Geld ins System fliesst als benötigt wird, um die Kosten zu decken. Die Folge davon ist ein Ungleichgewicht bei der Finanzierung des Gesundheitssystems.

3. Reserven

Jedes Jahr versuchen die Krankenversicherer die Gesundheitskosten für das kommende Jahr zu schätzen. Zeigt die Prognose, dass die Gesundheitskosten steigen, steigen auch die Prämien und wenn die Schätzung für die Gesundheitskosten nach unten zeigt, sinken die Prämien wieder. Aber ganz exakt lassen sich die Kosten nie vorhersagen – deshalb müssen alle Krankenversicherungen Reserven haben, die eine Mindesthöhe nicht unterschreitet. 

Einige parlamentarische Vorstösse verlangen, dass die Reserven abgebaut werden müssen, wenn sie einen bestimmten Anteil überschreiten. Der Ständerat entschied im Frühjahr 2023 gegen einen obligatorischen Reserveabbau, denn das heutige System könne Schwankungen gut auffangen und sichere zudem die Zahlungsfähigkeit der Krankenversicherer. Auch Gesundheitsminister Alain Berset warnt vor Prämiensprüngen bei einer Einführung eines Automatismus. In der Sommersession berät der Nationalrat das Geschäft.

Einen obligatorischen Reserveabbau erachtet SWICA als unverantwortlich. Er birgt die Gefahr von Prämiensprüngen und unterjährigen Prämienanpassungen. Ein Reserveabbau muss deshalb mit grösster Sorgfalt geplant und unter strenger Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durchgeführt werden.

Reserven-Standpunkt SWICA

Schweizer Krankenversicherer sind gesetzlich dazu verpflichtet, Reserven in der Grundversicherung anzulegen, damit sie auch bei einem Jahrhundertereignis zahlungsfähig bleiben. Die Höhe der Reserven wird mit der Solvenzquote festgelegt: Gegenwärtig müssen die Versicherer in jedem Fall über Reserven verfügen, die mindestens 100 Prozent der in der Verordnung vorgeschriebenen Mindesthöhe betragen. Die Krankenversicherungsaufsichtsverordnung sieht für die Krankenversicherungen einen freiwilligen Abbau der Reserven vor, wobei auch nach einem freiwilligen Abbau die Mindestreserven vorhanden sein müssen. Konkret heisst das: Ein Krankenversicherer muss im Minimum ein Jahr zahlungsfähig bleiben, auch wenn in diesem Jahr ein Jahrhundertereignis eintritt. Das Geld aus dem Reserveabbau kommt den Versicherten zugute.

Für SWICA gilt: Unsere Reserven sind solide, aber nicht übermässig hoch. Die Strategie von SWICA ist stets, Prämienerhöhungen zu minimieren oder ganz zu vermeiden. Aus diesem Grund berechnet sie die Prämien ohne Sicherheitsmarge. SWICA nimmt dabei in Kauf, dass in einzelnen Regionen sehr knappe oder gar negative Ergebnisse resultieren, die mit einem Abbau der Reserven ausgeglichen werden. Ziel ist, dass sich die Solvenzquote mit der Zeit auf rund 150 Prozent einpendelt.  

Einen Abbau der Reserven bis auf 100 Prozent erachten wir als unverantwortlich, weil dadurch die Gefahr von Prämiensprüngen und unterjährigen Prämienerhöhungen massiv erhöht wird. Die Reduktion der Reserven aus politischen Gründen kam seit Inkrafttreten des KVG bereits zweimal zum Einsatz. Beide Male folgten sprunghafte Prämienanstiege. Auch der Prämienanstieg per 01.01.2023 spiegelt den Druck auf die Reserven. Ein Reserveabbau ist darum mit grösster Sorgfalt zu planen und unter strenger Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durchzuführen.

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