Volkskrankheit Adipositas

42 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist übergewichtig; davon elf Prozent gar adipös. Betroffene werden oft selbst dafür verantwortlich gemacht und stigmatisiert. Nebst den Vorurteilen, mit denen stark übergewichtige Menschen zu kämpfen haben, verursacht die Erkrankung auch hohe Gesundheitskosten.
England im frühen 19. Jahrhundert: Der ehemalige Gefängniswärter Daniel Lambert lässt sich mit einem speziell angefertigten Wagen quer durchs Land chauffieren, wo er sich von Schaulustigen gegen Bezahlung bestaunen lässt. Mit über 300 Kilogramm ist er der wohl schwerste Mann seiner Zeit. Innerhalb kürzester Zeit wird Lambert reich – und stirbt kurz darauf.


Risikofaktor für Folgekrankheiten

Längst ist starkes Übergewicht keine Attraktion mehr, sondern eine Volkskrankheit, die zu hohen gesundheitlichen Kosten führt. In der Schweiz sind gemäss Bundesamt für Gesundheit rund 42 Prozent der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig, davon sind elf Prozent adipös. Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig oder adipös. Übergewicht und Adipositas zählen zu den Risikofaktoren für nicht-übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 und einige Krebsarten. Übergewicht ist ausserdem ein Risikofaktor für Gelenkprobleme, von den chronischen Rückenschmerzen bis hin zur Knie-und Hüftarthrose. Auch das obstruktive Schalfapnoe-Syndrom mit schlechter Schlafqualität und zermürbender Tagesmüdigkeit gehört zu den möglichen Folgekrankheiten.
Aber nicht nur der Körper leidet, sondern auch die Psyche: Adipositas ist gesellschaftlich nicht als chronische Krankheit akzeptiert, sondern gilt nicht selten als Folge von Faulheit und ungezügelter Esslust: die Betroffenen sind also nicht krank, sondern selber schuld.


Ab wann spricht man überhaupt von Adipositas?

Der Richtwert von Adipositas liegt bei einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30. Der BMI berechnet das Körpergewicht im Verhältnis zur Körpergrösse. Eine Frau mit einer Körpergrösse von 168 cm würde also ab 85 Kilogramm Körpergewicht als adipös gelten, ein Mann mit Körpergrösse 180 cm mit 98 Kilogramm. Wer seinen BMI kennen möchte, findet hier einen Rechner des Unispitals Zürich.


Weshalb leichter sein so schwer sein kann

Weniger essen, mehr Bewegung: Viele sehen dies als Rezept gegen Übergewicht. So einfach ist es aber nicht. Der Körper ist evolutionsbiologisch darauf getrimmt, den Fettanteil möglichst konstant zu halten. Deshalb führt Abnehmen zu einer Veränderung im Hormonhaushalt, bei der die Verbrennung von Kalorien gehemmt wird. Ein Teufelskreis, aus dem man bei starkem Übergewicht allein kaum rauskommt.


Die Mischung macht’s

Die Ursachen von Adipositas sind vielseitig, also sollte es auch der Weg aus der Adipositas sein. Es braucht eine ganzheitliche Umstellung des Lebensstils, die tiefer geht als ein Kaloriendefizit und mehr Bewegung. Eine umfassende Behandlung mit einer Kombination aus Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und gegebenenfalls medikamentöser oder chirurgischer Intervention ist der richtige Ansatz. Auch mögliche psychische Ursachen müssen bei der Bekämpfung beleuchtet werden. Und vor allem brauchen Betroffene Unterstützung – nicht nur von Fachpersonal, sondern auch von Angehörigen, Arbeitskollegen und Mitmenschen.
Bleiben die Umsetzungsversuche mit Ernährungs- und Bewegungstherapie und medikamentöser Behandlung erfolglos, kann eine Magenverkleinerung in Betracht gezogen werden. Dabei wird in einer chirurgischen Intervention das Magenvolumen verkleinert. Betroffene haben dadurch ein abgeschwächtes Hungergefühl und können nur noch weniger grosse Mengen an Nahrung aufnehmen. Ein solche Operation ist jedoch ein schwerwiegender Eingriff und es gibt verbindliche Richtlinien sowie Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Ausführliche Informationen zur Adipositas-Chirurgie sowie zur Krankheit Adipositas allgemein gibt das Adipositas Netzwerk.
In einer telemedizinischen Beratung von santé24 kann besprochen werden, welcher Weg eingeschlagen werden könnte. Für SWICA-Versicherte ist die Beratung kostenlos. Aus den Zusatzversicherungen beteiligt sich SWICA an verschiedensten Massnahmen und Coachings für eine Anpassung in den Bereichen Verhaltensänderungen und Gewichtsreduktion.
15.08.2023 / aktuell 3-2023