
Jung sterben, aber so spät wie möglich
Peter Reber, Sie sind 76 Jahre alt und haben letzten Herbst noch eine Tournee absolviert. Was ist Ihr Geheimnis für ein gesundes Leben im Alter?
Peter Reber (PR): Für mich ist wichtig, dass ich auf meinen Körper höre. Meine Definition von Longevity lautet: jung sterben, aber so spät wie möglich. Bei mir spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Ich esse weniger und anders als früher, zum Beispiel nichts zum Frühstück. So habe ich eine Pause vom Abendessen bis zum Mittag. Das tut mir gut. Dazu bewege ich mich viel – jeden Tag 40 Minuten auf dem Stepper. Dieser steht gleich im Raum neben dem Büro. Um mich selbst zu überlisten, habe ich einen Fernseher davor installiert. Dort schaue ich Serien, während ich laufe. Und Musik ist für mich ein Lebenselixier: Singen, Klavierspielen, die Bühne – das hält mich körperlich und geistig fit. Ganz nach dem Pestalozzi-Prinzip: Kopf, Herz und Hand.
Nina Reber, ist Ihr Vater ein Vorbild, was das Altern anbelangt?
Nina Reber (NR): Ja, definitiv. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem man langsam darüber nachdenkt, wie man selbst älter werden möchte. Mein Vater ist 76 und kann immer noch zwei Stunden auf der Bühne stehen und 30 Lieder auswendig singen. Das ist beeindruckend.
Bewegung und Ernährung wurden bereits erwähnt. Was gehört noch zum Geheimrezept?
PR: Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen. Wenn man älter wird, sollte man präventiv handeln. Und das Sozialleben ist entscheidend: Freude am Leben zu haben, das ist ein Lebenselixier. Ich habe eine wunderbare Familie – meine Frau, meine Kinder, meine Enkelkinder. Da muss man auf Zack bleiben, damit man denen noch etwas bieten kann. Ebenfalls wichtig ist Neugier. Wenn man nicht mehr neugierig ist, dann ist man alt. Da ich ein Studio besitze und einen Musikverlag, muss ich technisch mit der Digitalisierung mithalten. Das hilft, damit das Gefühl, im Alter abgehängt zu werden, gar nicht erst aufkommt.

Sie haben eine lange Karriere als Musiker hinter sich. Wie bleibt man in diesem Business gesund?
PR: Ich lebe nicht ungesünder als jemand, der einen normalen Job hat, im Gegenteil: Ich schlafe genug, als Musiker ein bisschen länger als andere. Dazu gibt es einen berühmten Witz: Was bewegt einen Musiker dazu, um 6 Uhr aufzustehen? Die Läden schliessen um 6.30 Uhr. (lacht)
Peter Reber, Sie und Ihre Frau leben zusammen mit Nina in einem Mehrgenerationenhaus. Wie funktioniert das?
PR: Es ist genial. Wir geben einander sehr viel. Wir diskutieren häufig – unter anderem über Politik, wo wir nicht immer gleicher Meinung sind. Das ist bereichernd. Wir müssen unter den Generationen im Gespräch bleiben. Gell, das darf ich sagen, manchmal kommst du zu Mama im Kühlschrank einkaufen. (schmunzelt)
NR: Wenn es gerade nicht gereicht hat mit der Zeit.
PR: Wir freuen uns natürlich immer, wenn sie zu uns kommt. Nina arbeitet in einem anspruchsvollen Job: Sie betreut als angehende Heilpädagogin Kinder, die es oft nicht leicht haben. Manchmal erzählt sie uns von ihrem Tag. Dann sehen wir, dass die Welt nicht immer nur schön ist.
Die Abstimmung über die 13. AHV-Rente hat Anzeichen für einen Generationenkonflikt aufgezeigt. Was kann man dagegen tun?
NR: Wichtig ist, dass der Austausch zwischen den Generationen gesucht wird. Offen sein. Auf die Menschen zugehen und fragen, ohne Angst zu haben. Das kann im Tram passieren, in einem Verein, im Büro oder in einem Kollegium.
PR: Ich finde, die Jungen sollten mehr wählen gehen. Die Älteren entscheiden oft über Dinge, die die Jungen betreffen. Wir Alten sollten schauen, dass wir den Jungen eine Welt ohne zu viele Schulden hinterlassen, auch was das Klima anbelangt. Ich habe zwei ganz herzige Enkelinnen – da überlegt man sich ein bisschen häufiger, welche Welt man den Grosskindern hinterlassen will.

Gibt es einen Grund, wieso Sie sich mit Longevity auseinandersetzen?
PR: Das ist aktuell zum Trend geworden, war aber schon immer ein Thema. Jeder Mensch, dem das Leben einigermassen gefällt, fragt sich, was er dafür tun kann, damit es noch lange so weitergeht. Das gehört zum Leben und zur Lebensgestaltung dazu.
Peter Reber, haben Sie ein Ziel für Ihre nächsten Jahre?
PR: Ich will jeden Morgen aufstehen und meine Frau umarmen.
Welche Herausforderungen sehen Sie mit dem Alter auf sich zukommen, Nina Reber?
NR: Ich merke, dass meine Eltern älter werden. Das ist ein Thema, mit dem man sich auseinandersetzt.
Peter Reber, Sie haben schon viel darüber gesagt, wie Sie gesund bleiben wollen. Aber welche Herausforderungen sehen Sie konkret auf sich zukommen?
PR: Die Mobilität wird sicher zum Thema. Ich wohne in einem Haus mit Treppen, und irgendwann könnte das zum Problem werden. Aber da gibt es ja Lösungen – Treppenlifte. Was mich mehr beschäftigt ist die Tatsache, dass ich beinahe zehn Jahre älter bin als meine Frau. Statistisch gesehen wird sie 12 bis 13 Jahre länger leben als ich. Das beschäftigt sie – und damit auch mich. Die Vorstellung, den Partner zu verlieren, ist nicht leicht.
Nina Reber, wie alt möchten Sie werden?
NR: Ich kann hier keine Zahl nennen. Wenn ich am Ende meines Lebens alles gemacht habe, was ich wollte, dann bin ich zufrieden. Generell hoffe ich, dass es mir gut geht, und im Speziellen habe ich mir als Ziel gesetzt, dass ich mit 60 Jahren noch die Treppe hochrennen kann. Die Freude an der Bewegung will ich nicht verlieren.
Peter Reber, was erwarten Sie noch vom Leben?
PR: Ich erwarte für mich nichts mehr. Es ist ein riesiges Geschenk, eine Partnerschaft und eine Familie zu haben. Das war für mich das Wichtigste im Leben. Das kommt weit vor allem andern.