Wie können im Gesundheitswesen Kosten eingespart werden?

Die steigenden Gesundheitskosten führen zu Kopfzerbrechen. Gemäss dem Schweizer Sorgenbarometer stehen die Krankenkassenprämien zuoberst – für das Jahr 2024 sind sie durchschnittlich um 8,7 Prozent gestiegen. Mit welchen Massnahmen könnten Kosten im Gesundheitswesen gespart und dadurch die Prämien gesenkt werden? Zwei Meinungen.

«Kosten zu steuern, ist nicht sinnvoll. Das ist eine unmögliche Planungsaufgabe, die lediglich die Bürokratie erhöht. Vier Massnahmen könnten die Prämien massgeblich entlasten: Nicht nur die Leistungen, sondern auch Gesetze und Verordnungen müssten auf ihren Nutzen und Wirtschaftlichkeit hin geprüft werden. Seit 2000 gab es eine stetige Zunahme von Gesetzen und Erlassen um den Faktor 2,5. Die Kostenbeteiligung wurde seit 2004 nicht mehr erhöht. Mit einer Anpassung an die Kostenentwicklung könnte man die Prämien um 10 Prozent senken. Der Trend der Ambulantisierung verteuert die Prämien, weil ambulante Leistungen zu 100 Prozent, stationäre Leistungen aber nur zu 45 Prozent über die Prämien finanziert werden. Dies müsste kompensiert werden, will man die Prämien entlasten. Generell beobachten wir seit Einführung des KVG eine Verschiebung der Finanzierung hin zu mehr gemeinschaftlicher Finanzierung von 55 auf 68 Prozent der Kosten. Das erhöht die Grundversicherungsprämie massgeblich. Würde man diese letzten Trends korrigieren, so wäre die Grundversicherungsprämie um rund einen Viertel tiefer.»


Fridolin Marty

Fridolin Marty
Leiter Gesundheitspolitik economiesuisse

«Das qualitativ hochstehende, gut zugängliche Gesundheitswesen der Schweiz bildet das Rückgrat für die hohe Lebensqualität und die starke wirtschaftliche Leistung. Setzt man die Gesundheitsausgaben in Relation zum BIP, zeigt sich, dass sich die Kosten im mitteleuropäischen Durchschnitt befinden. Wir haben also kein Kostenproblem und müssen wenn schon über die Finanzierung diskutieren. Bevölkerungswachstum und -alterung führen zukünftig zu einem Mehrbedarf an medizinischer Versorgung. Der Fachkräftemangel kontrastiert damit. Leistungs- und Qualitätsabbau drohen. Der Fokus muss vom Kostenröhrenblick auf die Versorgungssicherheit und Qualität verschoben werden. Das bedeutet unter anderem eine Intensivierung der Ausbildung von Pflegefachpersonen, Ärztinnen und Ärzten. Am wichtigsten ist jedoch der Systemwechsel zur spitalambulanten, integrierten Versorgung. Dazu müssen die Tarife so erhöht werden, dass sie als Anreize dienen. Der Systemwechsel hat den Vorteil, dass Patientinnen und Patienten früher nach Hause gehen und schneller gesund werden. Zudem begegnet er dem Fachkräftemangel, weil z.B. weniger Nachtschichten notwendig sind. Und er wirkt sich positiv auf die Kostenentwicklung aus – bei gleichbleibender Qualität.»

Christian Schär

Christian Schär
Präsident Verband Zürcher Krankenhäuser (VZK)

13.02.2024 / aktuell 1-2024