Neue Studie
Rekordzahlen bei der Verschreibung von ADHS-Medikamenten

Der Konsum von ADHS-Medikamenten ist in der Schweiz in den letzten Jahren gestiegen. Das zeigt eine Auswertung anonymisierter SWICA-Abrechnungsdaten. Zwischen 2017 und 2021 stellten Ärztinnen und Ärzte fast 50 Prozent mehr Rezepte für Ritalin und ähnliche Wirkstoffe aus.

Hinter dieser Auswertung steht das Team der SWICA-Versorgungsforschung. Es konnte für die Studie auf eine Vielzahl von anonymisierten Abrechnungsdaten zugreifen – mit spannenden Ergebnissen. So haben Ärztinnen und Ärzte im letzten Jahr rund 59'000 Menschen Ritalin oder wirkstoffgleiche Medikamente verschrieben. Das sind rund 48 Prozent mehr Personen als noch 2017.

Psychische Belastungen als Grund?

Diese Ergebnisse wurden im April an der Wennberg-Konferenz in Luzern mit anderen Forschenden diskutiert. Die Fachwelt befürchtet etwa, dass ADHS-Medikamente zu leichtfertig oder gar missbräuchlich eingesetzt werden könnten. Andererseits können steigende Verschreibungszahlen aber auch auf einen grossen Teil bisher unbehandelter Patientinnen und Patienten und einen steigenden Bedarf psychiatrischer Behandlung in der Bevölkerung hinweisen. Möglich wäre auch ein Zusammenhang mit den psychischen Belastungen während der Corona-Pandemie. Diese Beobachtung sollte unbedingt weiterverfolgt und untersucht werden.

Zürcher Erwachsene allen voran

Die Auswertung zeigt auf, dass die Verschreibungszahlen im Tessin und in der Ostschweiz wesentlich tiefer sind als in anderen Regionen der Schweiz. Zudem verschrieben Ärztinnen und Ärzte in der Nordwestschweiz die meisten ADHS-Medikamente an Kinder. Erwachsene hingegen erhielten in der Region Zürich die meisten Rezepte für Ritalin und wirkstoffgleiche Medikamente.

Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. ADHS beginnt im Kindesalter und kann auch Jugendliche und Erwachsene betreffen. Typische Symptome der Störung sind:

  • Hyperaktivität
  • Impulsivität
  • Unaufmerksamkeit
  • emotionale Probleme

Diese belasten häufig nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Umfeld. Die Behandlung erfolgt im Rahmen eines umfassenden Therapieprogramms mit nicht-medikamentösen Massnahmen sowie Arzneimitteln, die das Zusammenspiel bestimmter Botenstoffe im Gehirn verändern.

12.05.2022


So wirken ADHS-Präparate

Reize von aussen besser filtern

Zur Behandlung von ADHS werden vor allem Medikamente mit dem Wirkstoff Methylphenidat verschrieben. Sie erhöhen unter anderem die Konzentration der Nervenbotenstoffe Dopamin und Noradrenalin im Gehirn.

Diese Botenstoffe tauschen Informationen zwischen Nervenzellen aus und sind wichtig für die Gedächtnisfunktion und das Lernen. So unterstützen sie das Gehirn auch dabei, Reize von aussen besser zu filtern, Aufmerksamkeit und Konzentration werden so gesteigert.

Studie im Überblick
Die Abbildung zeigt den Anteil an Erwachsenen von 19+ Jahren mit mind. einer Verschreibung einer ADHS – Medikation im ersten Halbjahr jedes Jahres.
Quelle: SWICA Gesundheitsorganisation
Die Abbildung zeigt die Anzahl Packungen verkauft im ersten Halbjahr jedes Jahres. Die Auswertung wurde anhand des SWICA-Bestandes gemacht und auf die Schweizer Bevölkerung hochgerechnet.
Quelle: SWICA Gesundheitsorganisation

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