Herpes-Viren auf dem Vormarsch

Das Corona-Virus scheint auch andere Viruserkrankungen wie die Gürtelrose wieder in Fahrt zu bringen. Impfungen bieten aber dagegen Schutz.

Herpes – allein der Name verheisst nichts Gutes. Jedenfalls für diejenigen Menschen nicht, die schon mit Herpes-Viren in Kontakt gekommen sind. Denn diese verursachen juckende oder manchmal schmerzhafte Rötungen oder Ausschläge auf der Haut, die zudem nicht gerade attraktiv aussehen. Herpes leitet sich vom griechischen «herpein» für «kriechen» ab – in Anspielung auf die Hautveränderungen bei einer Infektion mit dem Virus.

Rund 70 Prozent der Bevölkerung leiden ab und zu unter Fieberblasen an den Lippen und haben damit schon die Bekanntschaft mit Lippenherpes, Herpes labialis, gemacht. Seine nicht weniger unbeliebten Verwandten sind das Herpes-genitalis-Virus, das Bläschen an der Schleimhaut der Genitalien verursacht, sowie das Varizella-Zoster-Virus, auf Deutsch das Windpocken-Gürtelrose-Virus. Es löst die Kinderkrankheit Wilde Blattern aus.

Fast alle Kinder bekommen die Wilden Blattern, denn das Virus ist wie das Corona-Virus über Aerosole hochansteckend und verbreitet sich rasch in Schulen oder Kitas. Nach durchgemachter Krankheit, die neben heftig juckenden Bläschen Fieber und Schlappheit verursacht, sind die Betroffenen in der Regel lebenslang immun gegen diese Kinderkrankheit. Sie können dann zwar nicht mehr an Wilden Blattern erkranken, wohl aber im Erwachsenenalter an einer Gürtelrose, auch Herpes Zoster genannt.

Das Virus, das aus dem eigenen Körper kommt

Herpes- und Varizella-Zoster-Viren verbleiben nach einer Erstinfektion lebenslang im Organismus. Manchmal erwachen sie nach vielen Jahren aus ihrem Dornröschenschlaf und sorgen für Beschwerden. Im einfacheren Fall, wenn das Herpes-labialis-Virus durch Stress, UV-Licht oder bei manchen Frauen zusätzlich durch die Regelblutung reaktiviert wird, bildet sich wieder eine Fieberblase an der Lippe. Wird das Varizella-Zoster-Virus durch eine Schwächung oder Überlastung des Immunsystems reaktiviert, droht eine Gürtelrose. Dieser meist streifen- oder gürtelförmige Hautausschlag mit Bläschen am Rumpf oder im Gesicht ist häufig sehr schmerzhaft und kann im Bereich der Augen oder Ohren auch gefährlich sein.

Die Gürtelrose kommt mit zunehmendem Alter vermehrt vor. Solange keine Komplikationen auftreten, ist die Krankheit meist nach zwei bis vier Wochen überstanden und die Viren ziehen sich wieder in die Nervenknoten zurück, um auf eine erneute Schwäche des Immunsystems zu warten. Eine Eliminierung des Virus ist bisher nicht möglich. Mit einer raschen Behandlung (in den ersten 72 Stunden) mit antiviralen Medikamenten lassen sich die Symptome mildern und es kann unangenehmen Folgeerscheinungen vorgebeugt werden.

Vor Gürtelrose schützen kann man sich nur durch eine Impfung. Und zwar auch dann, wenn man schon einmal von einer Gürtelrose betroffen war, diese aber ausgeheilt ist. Für über 65-Jährige sowie Personen mit geschwächtem Immunsystem oder chronisch Erkrankte wird deshalb die Impfung gegen Gürtelrose schon länger empfohlen und auch von der Grundversicherung übernommen.

Fragen an Dr. Silke Schmitt Oggier, Chefärztin santé24

Silke Schmidt Oggier

Ist Gürtelrose ansteckend?

Die Gürtelrose kommt von innen aus einem selber und ist keine Neuansteckung von aussen. Das erklärt, weshalb man mehrmals an einer Gürtelrose erkranken kann. Eine Ansteckungsgefahr besteht für Personen, die noch keine Wilden Blattern durchgemacht haben. Diese Personen können beim Kontakt mit Erkrankten die Wilden Blattern bekommen.

Gibt es einen Schutz?

Wer als Kind die Wilden Blattern nicht hatte, sollte sich unbedingt dagegen impfen lassen, da die Erkrankung bei Erwachsenen in der Regel einen deutlich schwereren Verlauf nimmt. Auch gegen Wilde Blattern geimpfte Personen sollten sich ab 65 Jahren oder bei reduzierter Abwehr, beispielsweise während einer Krebstherapie, zusätzlich gegen Gürtelrose impfen lassen.

Sind Corona- und Varizella-Zoster-Viren verwandt?

Im Prinzip nein, es sind zwei völlig unterschiedliche Virenfamilien. Nach durchgemachter Covid-Erkrankung wie auch nach der Covid-Impfung kam es weltweit aber zu vermehrtem Auftreten von Gürtelrose: Die Immunabwehr hatte damit so viel zu tun, dass sie die schlummernden Varizella-Zoster-Viren nicht mehr im Schach halten konnte.

Ist Gürtelrose eine andere Form von Wilden Blattern und auch ansteckend?
Nach durchgemachten Wilden Blattern verschwinden die dafür verantwortlichen sogenannten Varizella-Zoster-Viren nicht ganz, sondern ziehen sich zurück und «schlummern» in bestimmten Nervenknoten. Ist zu einem späteren Zeitpunkt das Immunsystem geschwächt oder überfordert, können die Viren aus ihrem «Dornröschenschlaf» erwachen und die sogenannte Gürtelrose verursachen. Die Gürtelrose kommt also von innen aus einem selber und ist keine Neuansteckung von aussen. Das erklärt auch, wieso man mehrmals an einer Gürtelrose erkranken kann; nämlich immer dann, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Allerdings können sich Personen, die noch keine Wilden Blattern durchgemacht haben oder nicht dagegen geimpft sind, bei an Gürtelrose Erkrankten mit den Varizella-Zoster-Viren anstecken, die dann aufgrund des Erstkontakts bei diesen Personen zu den typischen Wilden Blattern führen.

Was sollen Erwachsene tun, die als Kind die Wilden Blattern nicht hatten?
Erwachsene, die keine Wilden Blattern durchgemacht haben, sollten sich unbedingt gegen das Virus impfen lassen, da die Erkrankung bei Erwachsenen in der Regel einen deutlich schwereren Verlauf nimmt als im Kindesalter. Die Impfung gegen die Wilden Blattern, egal, ob man sie im Kindes- oder Erwachsenenalter erhält, scheint einen gewissen, aber keinen 100-prozentigen Schutz gegen die Gürtelrose zu bieten. Deshalb sollten sich auch Personen, die gegen die Wilden Blattern geimpft wurden, später ab 65 Jahren oder in bestimmten Gesundheitssituationen, die mit einer reduzierten Abwehr einhergehen (zum Beispiel während Krebstherapien, Organtransplantierte) zusätzlich gegen die Gürtelrose impfen lassen.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Corona-Virus und dem Varizella-Zoster-Virus?
Im Prinzip nein, es sind zwei völlig unterschiedliche Virenfamilien. Allerdings werden sie alle von unserem Immunsystem abgewehrt. Dieses wird anscheinend sowohl vom Corona-Virus als auch von der Corona-Virus-Impfung sehr gefordert und manchmal sogar etwas überfordert. Sowohl nach durchgemachter Covid-Erkrankung wie auch nach Covid-Impfung kommt oder kam es weltweit zu vermehrtem Auftreten von Gürtelrose als Zeichen dafür, dass die Immunabwehr in dem Moment so viel zu tun hatte, dass sie die schlummernden Varizella-Zoster-Viren nicht mehr im Schach halten konnte. Bei den humanen Herpesviren könnte eine Covid-Erkrankung eventuell sogar zu einer aktiven Aktivierung führen, was derzeit in Studien erforscht wird.
Viren stecken hinter vielen Krankheitsbildern

Eine Virusinfektion kann harmlos, aber auch lebensbedrohlich sein. Vor bestimmten Viruserkrankungen schützt eine Impfung. Durch Hygienemassnahmen lassen sich Virusinfektionen vorbeugen und deren Folgen verhindern.

  • Infektionen des Magen-Darm-Trakts (Gastroenteritis) durch Noroviren oder Rotaviren: Durchfall, Erbrechen, Kopf-, Bauch- und Gliederschmerzen
  • Infektionen der Leber (Hepatitis. Leberkrebs): Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Fieber, Oberbauchschmerzen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Gelbfärbung der Haut
  • Infektionen des Nervensystems (z.B. durch das West-Nil-Virus): Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, Übelkeit, Bewusstlosigkeit, Krampfanfälle
  • Virusinfektionen der Haut (Warzen, Windpocken): juckende, teilweise schmerzhafte Hautveränderungen (Verdickungen, Rötungen, Ausschläge)
  • Virusinfektionen der Genital-, Anal- und Mund-/Rachen-Schleimhaut (humane Papilloma-Viren): Gebärmutterhalskrebs, Krebs am Darmausgang (anal), Mund-/Rachenkrebs, schmerzhafte Genitalwarzen